Bogota, 13.12.2019

Liebe Paten, liebe Freunde von La Flora,

Heute schreibe ich Ihnen aus einem anderen Kolumbien, denn es ist ein Land, das sich in letzter Zeit sehr verändert hat. Sie haben sicher von den Unruhen erfahren, die in den vergangenen Wochen stattgefunden haben. Davon betroffen war vor allem die ärmere Bevölkerung, weil der öffentliche Stadtverkehr vielerorts ausfiel, Bushaltestellen zerstört und Lebensmittel nicht wie gewohnt geliefert wurden. Die Unsicherheit, die Gefahr, die von den Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten ausgeht, die allgemeine Unzufriedenheit – das alles schwelt in der Luft und lähmt die sonst eher unbekümmerten und fröhlichen Kolumbianer.

Wir mußten unsere Jahresschlußfeier immer wieder verschieben, haben es nun aber doch geschafft, fast alle unsere Familien zu versammeln. Ich hatte Papier, Bleistifte und Buntstifte mitgebracht, damit jeder etwas für seine Paten schreiben oder malen konnte. Diese Post hat gestern ein Freund mit nach Deutschland genommen, und ich hoffe, Sie erhalten sie zu Weihnachten.Wir haben in diesem Jahr nicht nur, wie es nun schon seit über 20 Jahren unsere Aufgabe ist, monatlich für Lebensmittel gesorgt, sondern auch wie gewohnt, uns um die Gesundheit von Müttern und Kindern gekümmert, bei der Bekleidung zum Schulabschluss oder zur Erstkommunion beigetragen. Die Mütter haben wir dazu angeregt, an Ausbildungskursen Teil zu nehmen, wobei jede von ihnen selber bestimmen konnte, was ihr liegt, was sie gerne lernen möchte. Einige wenige haben dann sogar eine richtige Ausbildung begonnen, z.B. als Näherin, Friseuse oder gar als Elektriker! Ich würde dieses Projekt als Erfolg bezeichnen, weil sich das Einkommen der Familie dadurch verbessert hat, und dieses wiederum den Kindern zu Gute kommt. Außerdem regt es nun weitere Frauen an, ebenfalls die Gelegenheit, die wir ihnen bieten, nicht zu versäumen.

Um den Gedanken etwas weiter zu führen, würden wir gerne im kommenden Schuljahr, welches im Februar beginnt, auch den Kindern eine Möglichkeit geben, außerhalb der Schulstunden ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Sie könnten einen Sport betreiben, vielleicht ein Musikinstrument lernen, z.B. Gitarre spielen, tanzen, malen. Allerdings haben die Mütter den Einwand, daß immer jemand das Kind hinbringen und abholen müsse, weil es ja viel zu gefährlich sei, es alleine zum Kurs zu schicken. Wir sind dabei, uns zu informieren, welche Möglichkeiten es gibt. 

Einige unserer Patenkinder haben nun die Schule abgeschlossen und wollen eine Ausbildung machen, manche träumen davon, zu studieren. Hier sind persönliche Gespräche angesagt, die Jungen und Mädchen sollen beraten werden, um ihnen zu helfen ihren Weg zu finden. Diejenigen, die noch zur Schule gehen, müssen ihre Zeugnisse vorzeigen, damit ich über ihren Fortschritt oder ihre Schwächen Bescheid weiß. Alle werden neue Bekleidung und Schulmaterial benötigen, und darum bin ich für die großzügigen Spenden sehr dankbar! Bitte bedenken Sie, daß wir dafür keinesfalls Bargeld austeilen, sondern alles, je nach Bedarf, selber besorgen! 

Ich hatte den Schülern, die am Projekt „Mitmachen ist Ehrensache“ beteiligt sind vorgeschlagen, Toiletten, Duschen und Waschbecken zu besorgen, da wo es dringend nötig ist, um den Familien damit ein Badezimmer zu geben. Das haben wir in drei Fällen bereits getan. Ich bedanke mich bei Euch ganz herzlich auch im Namen der begünstigten Familien, und wünsche Euch viel Erfolg und viel Freude für alles was Ihr vorhabt!

Liebe Paten und Freunde, ohne Ihre selbstlose Hilfe wäre es nicht möglich, den Müttern und Vätern Ihrer Patenkinder Mut zu machen weiter zu kämpfen in dieser Gesellschaft, in der die Plutokratie und daher Ungerechtigkeit herrschen! Kolumbien befindet sich auf einem Scheideweg, und es braucht viel Kraft und guten Willen, um den leidtragenden Menschen in La Flora eine Hand zu reichen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Dag Hammarskjöld hat einmal gesagt:
Liebe ist ein Überfluss an Kraft,die den erfüllt,der nicht an sich selbst denkt.“

Ich wünsche Ihnen, auch im Namen meiner Mitarbeiterin Sandra und unserer
Familien in La Flora gesegnete Weihnachten, und alles Gute im Neuen Jahr!

Ihre

Hildegard Otto

Auch ich sage Ihnen allen ein herzliches „Vergelt´s Gott“ für Ihre Mithilfe und wünsche Ihnen gesegnete Weihnachten und alles Gute für das Jahr 2020!
Ihre
Rosa Müller