LIEBE PATEN, LIEBE FREUNDE VON LA FLORA!
Es ist schön, dass am Ende eines jeden Jahres in der christlichen Welt die Weihnachtszeit kommt. Auch wenn die Vorbereitungen dazu leider viele unter uns zu gesteigerter Hektik verführen, so kann Weihnachten durchaus auch Stunden der Besinnung bescheren. Jeder zündet doch gerne eine Kerze an, und lässt sich von der Flamme bezaubern! Ich habe unseren Kamin angesteckt, denn in Bogotá haben die Häuser keine Heizung, obwohl es auf 2.600 m Höhe recht kalt werden kann. Bei den anhaltenden Regenfällen, wie Kolumbien sie in den letzten Monaten erdulden musste, leiden Tausende unter den Überschwemmungen, der Kälte, der Feuchtigkeit und den damit verbundenen Krankheiten. Vor allem die Kinder sind davon betroffen! Da bin ich mit meinem Kamin gut dran – es wird gemütlich und warm um mich herum, und dann sammle ich wieder Gedanken, wie wir am besten den armen Menschen helfen können.
Wenn ich in so einem Moment der Ruhe auf das vergangene Jahr zurück- blicke, komme ich zu dem Schluss, dass es für La Flora ein gutes Jahr war, trotz der Wirtschaftskrise, die auch in Kolumbien sehr spürbar ist . Sie, liebe Paten und Freunde von La Flora, haben nie aufgehört, uns zu helfen. Sie haben uns nicht vergessen! Wir konnten weiterhin die monatlichen Lebensmittelgutscheine verteilen, bei Krankheitsfällen die Extrakosten übernehmen, Brillen und Zahnspangen mitfinanzieren, Schulmaterial und Bekleidung beschaffen, Ausbildungskosten und – wo nötig – das Schulgeld bezahlen. Dank besonderer Spenden bekamen einige Kinder Betten, damit sie nicht zu mehreren, oftmals mit der Mutter oder der Großmutter, in einem Bett schlafen müssen. Über die Hygiene-Pakete haben sich besonders die Mütter gefreut, denn ein eigenes Handtuch oder eine eigene Zahnbürste sind in La Flora keine Selbstverständlichkeit und Shampoo, Seife und Zahncreme sind teuer. Die Sozialarbeiterin hat mit einer Power-Point- Präsentation den Kindern und den Müttern erklärt, wie wichtig persönliche Hygiene ist und wie sie sich sauber halten sollten. Alle haben sehr interessiert zugehört. Wir erleben immer wieder Fortschritte!
Unseren Anschluss an die Hilfsorganisation „Enfants de l´Espoire“ (Kinder der Hoffnung), Niños de la Esperanza, die ihren Sitz in Luxemburg hat, kann ich durchaus als positiv bewerten. Seit Juli unterstützt Luxemburg ein drei Jahre währendes Projekt, das nicht nur den Kindern von „Enfants de l ´Espoire“, sondern auch 70 Patenkindern von La Flora zugute kommt und es uns ermöglicht, unseren Wirkungskreis mit anderen Institutionen auf insgesamt 250 Kinder zu erweitern. Dass La Flora als begünstigtes Hilfsprojekt aufgenommen wurde, ist durchaus eine Anerkennung für unsere Arbeit!
Allerdings ist die Luxemburger Hilfe selbstverständlich an Vorschriften gebunden, die wir einhalten müssen. So gilt die Hilfe ausschließlich Schülern von 6 – 18 Jahren. In La Flora haben wir aber einige Schüler, die mit 18 noch nicht mit der Schule fertig sind, andere sind erst 17, und sind nicht mehr auf der Schule, sondern erhalten bereits eine Berufsausbildung. Darum müssen wir etwa 11 unserer Patenkinder aus dem Luxemburger Projekt ausklammern, und sie durch neue Kinder ersetzen. Natürlich werden unsere 11 Patenkinder weiterhin von La Flora unterstützt ! Diese Veränderung hat viel Arbeit mit sich gebracht, denn neue Familien müssen mit sehr großer Vorsicht und Sorgfalt ausgewählt werden! Die Sozialarbeiterinnen, Judith und Sandra, engagieren sich ja nicht nur für das Wohl unserer Mütter und Kinder, sondern müssen jeder Familie einen Hausbesuch abstatten und Angaben über deren Wohnverhältnisse, Familienzusammensetzung, Einkommen, usw. zusammentragen. Dabei ist es unumgänglich, auch die neuen Kandidaten zu besuchen. In einem besonders berüchtigten Viertel wurde Judith, die in Begleitung unseres Fahrers war, überfallen. Da der Fahrer sich zur Wehr setzte, um sie zu beschützen, kam es zu einer Schlägerei. Unser Fahrer Edubar konnte jedoch verhindern, dass der Attentäter mit dem Messer zustach. Beide wurden bedroht, und können sich in jenem Slum nicht mehr blicken lassen. Mir wird dringend abgeraten, selber dorthin zu gehen. Wir müssen auf jeden Fall vermeiden, dass bei den neuen Familien irgendein Kontakt zu der Guerrilla oder anderen Delinquenten besteht.
Eine weitere Neuigkeit in diesem Jahr ist die Gründung eines Hilfsfonds für Minikredite. Das Kapital dafür kam als Hinterlassenschaft einer sehr großzügigen und lieben Patin, die aufgrund ihrer Krankheit leider von uns gegangen ist. Für diesen Hilfsfonds haben wir ein neues Konto eröffnet und Mitarbeiter gesucht und gefunden, die für die Durchführung zuständig sind. Nun steht alles organisatorisch auf festen Füßen und wir können noch in diesen Tagen den ersten Kredit vergeben. Ich werde Ihnen in einem weiteren Schreiben Einzelheiten über diesen Hilfsfonds berichten.
Ich bedanke mich von Herzen für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung, die mir immer wieder Mut macht, weiter zu machen, allen Schwierigkeiten zum Trotz! Den Dank der Mütter und Kinder leite ich an Sie weiter! Alle waren so sehr glücklich über das vorweihnachtliche Frühstück mit einer in Bananenblätter gewickelten Maisspeise, heißer Schokolade, Brötchen und weißem Käse! Auch das war durch eine Sonderspende möglich, und ich soll der Spenderin ganz besonders liebe Grüße ausrichten! Es fand auch eine Verlosung statt, denn eine deutsche Freundin in Bogotá hatte dafür Sachspenden und auch Geld zur Verfügung gestellt, so dass jede Familie mit einem Preis nach Hause ging. Die Lebensmittelgutscheine bekamen sie für 2 Monate, so können wir jetzt eine Pause einlegen.
Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten, und Gottes reichen Segen für das Neue Jahr!
Ihre
Hildegard Otto